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Michael Brynntrup's
sinnige Sentenzen | sententious senses

Tagebuchzitate | quotations from the diary

Interview deutsch | interview german

Interview englisch | interview english



x sinnige Sentenzen | sententious senses

Das biblische Bilderverbot wortwörtlich.
Sehen Sie die ewigen Geheimnisse - NEU!
Erleben Sie die Wunder und Sensationen - LIVE!
Erfahren Sie die Schmerzen der Kreuzigung - SELBST!
Genießen Sie das ewige Leben - JETZT!
{Informationsblatt zum Trailerfilm, 1986ff}

See the eternal mysteries - NEW!
Experience the miracles and sensations - LIVE!
Feel the pain of crucifixion - YOURSELF!
Enjoy the everlasting life - NOW!
{Informationsheet trailer, 1986ff}

Warum eigentlich Unsterblichkeit, wenn man schon heute lebt.
{TB0716.Tabu03, 30.10.85}

"Spielrekeln: Eß spielen ungefähr zwanzig Leute oder Gruppen mit. Jeder bekommt etwas eins, zwei oder drei Super8-Cassetten (s/w) und kan sich eine Geschichte aus dem neuen Zement aussuchen. Keiner weis, was der andere macht, welche Geschich er verflimen will und wie das pasziert. Trotzdemm soll es ein zusammenhängender Film werden. Daz verbindende ist die Chronologie der Geschich undt eben die Person Jesu, die ich selbst spiele. Ich stelle mich bedingungslos den Ausschweifungen der Regie zur Verfügung. Damit ich nicht zwanzigmal gekreuzigt werde, mußz ich die Episoden wohl etwas koordiniieren. Ansonsten läuft das Spiel aber so ab wie eine automatische Zeichnung: nur ein paar Striche sind vorgege, gegeben und ohne zu wißen, was bisher geschah, malt der nächste das Bild weiter."
(Erster Brief Jesu an die Mitspieler) (Dezember 1984)

"Rules of Play: This game is for approximately twenty people or groups. Each person gets one, two, or three Super8 cartridges (B&W) and may choose any story from the New Testament. No-one knows what the other players are doing, which story they want to film and how it might take place. Nevertheless, it should result in a film that hangs together. The connection is the chronology of the story and the character of Jesus himself - played by me. I will put myself unconditionally at the disposal of the directors, in all their excesses. So that I don't get crucified twenty times, I will coordinate the episodes somewhat. Apart from that, the game develops like an automatic drawing: a couple of lines are given, and without knowing what has already been done, the next player continues the painting."
(First letter of Christ to the Players) (December 1984)


x Tagebuchzitate | quotations from the diary

Als ich das ganze Jesus Projekt und das Spiel überhaupt im vergangenen Dezember entworfen habe, hätte ich nicht vermutet, daß es so stark -und wie jetzt absehbar- so unabsehbar lange beschäftigt. Andere Projekte hab' ich über das ganze Jahr zurückgestellt und z.Z. läuft die Jesus-Produktion auf Hochtouren. [...] Es ist wirklich stressig, sehr viel zu organisieren, zu besprechen, alles kostet ungeheuer viel Zeit (d.h. ich komme gar nicht zu jobben, Geldverdienen. Ich gebe nur sehr viel aus) etc. pp., aber es macht auch total viel Spaß, besonders die spontanen Ideen zu spontanen Bildern und sehr schön auch, wie sich viele Episoden zum Ganzen schließen (z.B. die Vampyr-Geschichte). Z.Z.schreibe ich auch in den 'Protokollen' zu den Episoden 'mein' Tagebuch. (siehe dort).
{TB0691f.Tabu03, 05.07.85}

Übrigens. Wir erfinden den ganzen Schweif von der unsterblichen Seele, weil wir nicht ertragen können, daß menschliche Produkte länger währen als das menschliche Leben, daß sie hervorgebracht hat. Auch daß wir uns durch Kunstproduktion zumindest geistige Unsterblichkeit versprechen, ist nur die ewig-klassische Selbsttäuschung. Romantik hilft übrigens auch nicht.
Was nützt uns eine Wiedergeburt in einem anderem Leben, wenn uns die Erinnerung fehlt. Identität ist Geschichte. - Warum eigentlich Unsterblichkeit, wenn man schon heute lebt.
{TB0716.Tabu03, 30.10.85}

Jesus - die Welturaufführung im Arsenal war tontechnisch eine Katastrophe. [...] Die Vorführung im Sputnik lief dagegen optimal: Gucki rückte (für 140,- DM) mit seiner Elmo-Technik an und der Ton war eins-a. Zuschauer hatte ich mir mehr erhofft, bei 122 zahlenden Gästen ist's mir zumindest nicht geglückt, meinen Schuldenberg abzutragen (Videokopie + Plakat = ca. 1000,- Mark, Einnahmen ca. 540,- DM). Weil meine Erwartungen generell immer zu hoch geschraubt sind, war meine Stimmung wieder mal leicht gedrückt; im Nachhinein hab' ich mir aber schöne Dinge sagen lassen: für einen Super8 Film seien eben enorm viel Leute gekommen, zumal der Termin parallel zur Berlinale und 23h ohne Metroanschluß ja eigentlich ungünstig gewesen sei. Aber auch schon die gute Stimmung bei der Vorführung war ein toller Erfolg, - stereotyp erzähle ich -bei Nachfrage- daß es ca. 30 mal Scenenapplaus gegeben hat und sehr viel = ungehemmt gelacht worden ist. Prächtig, prächtig! - Auch das Bühnenprogramm verlief trotz einiger Pannen und Ausfälle [...] recht angenehm: Papst Fabian Saladin war wunderprächtig, wie er so scheppernd, klirrend und übertrieben ausstaffiert über die Bühne stolperte, auch der Muttergottestanz von Ilona war schön anzuschauen. Der Konferencier Roman und die steppende Travestienonne Stefan gefielen mir nur so 'naja' obwohl ich auch dazu positive Stimmen gehört habe.
{TB0730ff.Tabu03, 10.03.86}

Apropos meine Finanzlage: das vergangene halbe Jahr konnte ich mir kein Rasierwasser kaufen, jetzt reicht's nicht mal für Toilettenpapier.
{TB0737.Tabu03, 31.03.86}


x Interview deutsch | interview german

MB: Jo, also die Idee dazu habe ich schon vor über einem Jahr bekommen. Ich weiß jetzt gar nicht mehr, was eigentlich ausschlaggebend war für die Idee. Auf jeden Fall war es kurz vor Weihnachten als mir der Film so in den Sinn kam. Und, naja, eine andere Entstehungsidee war halt, daß ich einen Episodenfilm machen wollte, der die ganze Vielfalt eines Episodenfilms besitzt, der aber auch nicht in Einzelfilme auseinanderfällt, sondern eben eine durchgehende Geschichte erzählt. Überhaupt mal zu testen, ob das geht. Ist ja klar beim Filmen, daß einer Kamera macht, einer das Licht, usw. Alle haben mal eine Idee zum Film, alle tun was dazu. Warum dann die Leute nicht einladen, eine eigene Episode für den Film zu machen.
(Radio - Interview, Hans Daiber, "Irritation im Namen des Vaters und des Sohnes...", WDR 'BUDENGASSE', Sendung vom 12.10.1986)


Radio - Interview | radio - interview
Hans Daiber, Interview zu »JESUS - DER FILM«,
WDR 'BUDENGASSE', Radio-Sendung vom 12.10.1986


CS:
Und jetzt springe ich mal ein bißchen mit meinen Fragen. Kommen wir doch mal auf den alten »Jesus«: erzähl' mir doch mal was von singenden Nonnen und Gogo tanzenden Jungfrauen?
MB:
Jaaaa, - Jesus ist ja schon gaaanz aaalt, und laaaange tot. Obwohl der ja an Originalschauplätzen wiederauferstanden ist, und in Realzeit. Also der Originalfilm dauert 33 Jahre, und der ist ja dann auf Missionstournee durch 40 Städte in Deutschland gepilgert und sogar auf Nordamerikamission, und wird eigentlich immer wieder gerne gezeigt. Jedenfalls bei der Premiere 1986 im Sputnik gab's eben ein Programm mit stepptanzenden Nonnen, und auf den Missionen gab's ab und zu eben auch noch ein paar zusätzliche Aufführungen, z.B. in Bielefeld hatte sich ein extra Chor gegründet, der die Vorführung noch begleitet hat.
CS:
Dann hast Du ja immer noch jedem Oblaten gegeben.
MB:
Oh ja, jeder kriegte geistige Nahrung, und Wein wurde auch immer gerne getrunken.
CS:
Bist Du Katholik? War es eine spirituelle Inspiration, die Dich »Jesus - der Film« machen ließ?
MB:
I had a dream, yeah, yeah. Und dann dachte ich, damit geh' ich zur Traumfabrik, und mache einen Monumentalfilm daraus. Wie soll ich sagen, sicherlich hat meine Herkunft aus einem katholischen Elternhaus eine gewisse Bedeutung gehabt. Aber das war wohl eher ein Akt der Befreiung aus dieser Vergangenheit...
CS:
...zu sagen 'ich bin Jesus' und nicht mehr der Sohn von Herrn und Frau Brynntrup... Was inspiriert Dich denn allgemein so?
MB:
Das ist wirklich gar nicht so einfach zu sagen. Also ich sammle meine Inspirationen nicht auf der Straße, ich mach' ja keine dokumentarischen Angelegenheiten. Meine Filme sind alles Kopfgeburten. Das ist also die Frage, wie kommt man auf Ideen. Man sitzt an seinem Schreibtisch und grübelt ein bißchen, oder so kurz vor dem Einschlafen, also in der Prä-Traumphase, da krieg ich meine Inspirationen.
CS:
Noch mal zurück zum Jesus. War's schwierig, einen so inhaltsschweren Film wie Jesus zu koordinieren? Wie hast Du gearbeitet? Hast Du es genossen, den Christus darzustellen?
MB:
Ertappt! - Oh ja, es war schon eine große Freude, mal Jesus zu sein. Mein Gott, ich muß wirklich sagen, dieser Film ist ja schon so alt.
CS:
...es hat doch Jahre gedauert mit den ganzen Vorbereitungen...
MB:
...ne, ne, es ging, wenn man es damit vergleicht wie üblicherweise -in Hollywood oder so- Filme entstehen, dann ging das eigentlich ziemlich fix, so im Nachhinein gerechnet war das ein Jahr. Ich hab also immer diese Briefe geschrieben an die beteiligten Filmemacher, ausgesuchte Super8-Filmfreaks mit der ganz speziellen Super8-Gesinnung, also die ersten Briefe im Dezember 84 und dann im Jahre 85 haben wir daran gearbeitet, da bin ich halt gereist in den Osten oder eben nach München, Düsseldorf, Köln usw. Und das war dann jeweils immer ein spontaner Dreh. Die Episoden haben sich die Leute ausgesucht oder ich hab' ein bißchen nachgeholfen. Also vorher viel telefoniert.
(Interview von Caspar Stracke mit Fragen von David Kerekes, am 28.09.91, printed in: Headpress N°3, Stockport/England, Januar 1992)


x Interview englisch | interview english

CS:
What about singing nuns and go-go dancing virgins?
MB:
...that was for »JESUS - DER FILM«.
CS:
Can you explain...
MB:
Well-lll, JESUS is already ver-rrry old and long, long dead, though He did resurrect in the original scenes and in real-time, so the original film has a running time of about 33 years... this film is on a mission-tour through 40 cities in Germany and even on a North American mission, and they still like to show it again and again. Anyway, for the 1986 premier at the Sputnik-cinema, they had a programme with tap-dancing nuns, and on the mission-tour there were extra shows now and then - for example, in Bielefeld, a special choir came together to accompany the screening.
CS:
And then you always gave the consecrated host to everybody?
MB:
Oh yes, everybody got spiritual food... and they also liked to have some wine.
CS:
Are you a Catholic? Where you spiritual inspired to make »JESUS - DER FILM«?
MB:
I had a dream, yeah, yeah. And then I thought, I'm going to go to the dream-factory to make a monumental film out of it. How can I say - I'm sure that coming from a Catholic home had a certain influence, but »JESUS« was more an act of liberation from the past...
CS:
What? Liberation to say "I am Jesus and no longer Mr and Mrs Brynntrup's son?" What was your inspiration?
MB:
This is not easy to say. I do not collect my inspirations from the street, because I do not make documentary-type things. All my films are a kind of head-birth. So, the question is: 'How to get the ideas?' You are sitting at your desk, pondering, or shortly before you fall asleep, during the pre-dream phase - that is where I get my inspirations from.
CS:
Did you enjoy playing Christ?
MB:
Ah - caught! Indeed, It was great fun to be Jesus, - OMG, this film is really so long gone...
CS:
But it took years with all the preparations...
MB:
No, no, it was - If you compare to how films in Hollywood are produced, then it worked out quite quickly. Looking back, it was about a year. I selected Super8-film-freaks, with this really special Super8 attitude. I always wrote letters to the filmmakers, the first letter being in December 84, and in 85 we worked on the film, and I travelled to East Germany or to Munich, Düsseldorf, Cologne, etc. And at these places, it would always be a spontaneous shoot. The film makers chose the episodes they wanted to make - or, I helped a bit.
(Interview by Caspar Stracke with questions by David Kerekes, on 28.09.91, printed in: Headpress N°3, Stockport/England, Januar 1992)

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