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SCHÄRFETEST

Beim Näseln muß man unterscheiden, ich mache es vor, einerseits das geschlossene Näseln, die Stockschnupfensprache, bei der die Nase als Resonanzraum nicht benützt wird, und andererseits das offene Näseln wie bei Gaumensprache, bei dem alle Laute nasal klingen.

Pech

Sieh nämlich Menschen wie in einer unterirdischen, höhlenartigen Wohnung, die einen gegen das Licht geöffneten Zugang längs der ganzen Höhle hat. In dieser seien sie von Kindheit an gefesselt an Hals und Schenkeln, so daß sie auf demselben Fleck bleiben und auch nur nach vornhin sehen, den Kopf aber herumzudrehen der Fessel wegen nicht vermögend sind. Licht aber haben sie von einem Feuer, welches von oben und von ferne her hinter ihnen brennt. Zwischen dem Feuer und den Gefangenen geht obenher ein Weg, längs diesem sieh eine Mauer aufgeführt, wie die Schranken, welche die Gaukler vor den Zuschauern sich erbauten, über welche herüber sie ihre Kunststücke zeigen.

Übrigens habe ich mir gerade in der Nase gebohrt, in meiner Nase. Und zwar mit dem linken Zeigefinger zuerst im rechten Nasenloch, dann mit dem gleichen im linken Nasenloch, von mir aus gesehen. Nun, von mir aus habe ich das natürlich nicht gesehen. Von mir aus schon, meinetwegen, egal. Aber wenn ich meinen Finger in meiner eigenen Nase mit meinen eigenen Augen sehen wollte, ja was dann? Dann müßte ich schielen, was mich zu sehr anstrengt, oder ich müßte einen Spiegel holen, was wohl zuviel Aufwand wäre, dafür, daß ich meinen Finger in meiner Nase sähe. Außerdem sähe ich ihn ja so wieso nicht, weil ich mir ja nicht in die Nase sehen kann, nicht wenn ich schiele und auch nicht mit einem Spiegel, zumal ja ein Finger in der Nase steckt. Ich müßte schon Augen an der inneren Nasenöffnung haben, also von innen her sehen können, wie der Finger dann von vorne auf mich oder besser: meine Augen zukommt. Nun habe ich aber keine Augen tief im Nasenloch oder besser: in der Nasenhöhle, so daß ich eben nicht von innen her sehen kann.
Das ist Schicksal.

Doch auch wenn ich ein Auge oder zwei Augen oder meine zwei Augen in der Nasenhöhle sitzen hätte, ich könnte meinen Finger in meiner Nase nicht sehen, weil ja, sobald der Finger durch die Nasenöffnung, das sogenannte Nasenloch dringt, er, der Finger, die Nasenhöhle gänzlich verfinstert, so daß eine Beobachtung des Fingers in der Nase nicht mehr möglich erscheint, wie überhaupt also ich einen Finger in einer Nase, den Finger in der Nase oder meinen Finger in meiner Nase nicht sehen kann.
Pech.

Pech, Pech


{Titel} HÖLLENSIMULATION
{Titel} FREI NACH PLATOS HÖHLENGLEICHNIS
{Titel} SPRECHER: C.B., M.B.
{Titel} TON: DAS SYNTHETISCHE MISCHGEWEBE
{Titel} MBC MCMLXXXVII
{Titel} ENDEND
10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1
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