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Michael Brynntrup's
sinnige Sentenzen | sententious senses

Tagebuchzitate | quotations from the diary

Interview deutsch | interview german

Interview englisch | interview english



x sinnige Sentenzen | sententious senses

Das Leben ist einem nur wichtig, wenn es das einzige ist, was man zu verlieren hat.
{TB1476.Tabu05, 30.01.91}

Experimentelle Filmemacher arbeiten synchron an ihrer Biographie. So sind sie meist an einem Punkt, wo sie nur einen bestimmten und nur diesen bestimmten Film machen können (weil er sich logisch aus dem vorherigen ergibt). Wenn der Filmkünstler dann diesen Film (aus Geldmangel o.ä.) nicht machen kann, dann stoppt seine ganze künstlerische und d.i. seine ganze persönliche Entwicklung.
{Philm-Notizitat, 02.91}

Der Tod als Grenze ist eine Ermunterung den Spielraum auszuspielen.
{TB2110.Tabu07, 12.08.95}

Kunst ist käuflich, es sei denn: der Künstler ist tot, dann ist sie unbezahlbar!
{TB2409.Tabu08, 25.04.97}

(Nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben)
Nicht für's Leben arbeiten wir, sondern für die Ewigkeit.
{TB2437.Tabu08, 04.08.97}

Zeit vergeht nicht, sondern bildet sich.
(Die Gegenwart vergeht/geht, - die Zeit kommt).
Es wird Zeit! (Gott: "Es werde Zeit und es ward Zeit").
{TB2475f.Tabu08, 27.10.97}

Die Zeit verwest alle Wunden.
{TB2522.Tabu08, 06.01.98}

Wer über sich selbst nachdenkt ist ein Vordenker!
{TB2540.Tabu08, 08.02.98}

Erstens gibt es keine Geheimnisse und zweitens gibt es keine Wahrheit!
(so deutlich bin ich selten...)
{TB2543f.Tabu08, 21.02.98}


x Tagebuchzitate | quotations from the diary

Überhaupt gefallen mir ja formal-poetische Filme mit dem großen Gestus auf die Welt als Ganzes weniger gut: die großen Themen wie Leben und Tod, Mensch und Natur sind ja auch meine, allerdings ist mir nach abgebrochenem Philosophiestudium die Ironie (überlebens-) wichtig und unmittelbar notwendig (logisch).
{TB1464.Tabu05, 25.11.90}

Ich produziere nicht nur Materialberge sondern auch Informationsgebirge (die Erosion auf solchem Terrain geschieht plötzlich und unerwartet; solange ich lebe werde ich dieses 'Gebiet' beackern / toten-ackern und recyclen!).
{TB2252.Tabu07, 19.07.96}

Mir geht's nicht um die Wirklichkeit, sondern um die Wahrheit!
(P.S.: Wobei die Wahrheit - natürlich -im 'übertragenen' Sinne- mit der Wirklichkeit zu tun hat).
{TB2273f.Tabu07, 24.09.96}

Ich suche nach dem größtmöglichen 'kleinsten gemeinsamen Nenner' - der kleinste gemeinsame Nenner sind immer nur die größten Dinge der Welt / die abstrakten Ideen und Ideale.
{TB2346.Tabu07, 23.12.96}

Meine gute Laune ist stets momentan bedingt und immer mit Zwischenergebnissen bei der Arbeit verbunden - wenn Filme ganz fertig sind, ist meine Heiterkeit bei weitem nicht so groß - es sind diese Kleinstigkeiten, die mich konkret weiterbringen, die mich erfreuen! Mein einziges Ziel scheint zu sein, ein jeweiliges Produkt fertigzustellen, daß es von selbst laufen kann - wobei mir dann auch die Vermarktung nicht mehr so wichtig ist, sondern einzig der Fakt, daß es gemacht ist und ich es gemacht habe und es nicht mehr aus der Welt zu denken ist.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß meine Produkte nicht nur einzigartig, sondern ganz besonders wertvoll sind. Wenn's auch aktuell nicht erkannt / gesehen / wahrgenommen werden sollte: ich kann warten mit der Gewißheit, daß die Produkte dauern und womöglich erst nach meinem Tod entdeckt und damit gewürdigt werden. Für mein Leben wünsche ich mir eigentlich nur, daß ich überhaupt überlebe (wirtschaftlich, finanziell, existenziell) - [daß ich auf unabsehbare Zeit -körperlich- überlebe, ist mir als Wunsch gar nicht gegenwärtig - sowenig zweifele ich daran].
{TB2403.Tabu08, 16.04.97}

Ich nehme mich nicht wichtig, sondern ernst (aber heiter).
{TB2427.Tabu08, 09.06.97}

Ich arbeite meine Kindheit auf, - aber bin dabei bis heute Kind geblieben!
{TB2463f.Tabu08, 02.10.97}

Filmemacher wie ich müssen immer erst gewisse Projekte zuende bringen, um neue Visionen zu entwickeln. Die Projekte ergeben sich aus dem vorherigen und führen zu neuen, - stehen in der notwendigen Kette ihrer persönlichen Existenz.
{TB2530.Tabu08, 24.01.98}

Man kann so einen Menschen wie mich behindern, aber nicht stoppen.
{TB2589.Tabu08, 23.06.98}


x Interview deutsch | interview german

SU:
Du hast eben schon kurz auf den Manierismus angespielt.
MB:
Den Manierismus halte ich für die interressanteste Kunstepoche überhaupt. Interressant daran ist für mich die Abkehr vom Formalismus, vom Akademismus, die Abkehr von Weltanschauungen, die der Natur und der Wahrnehmung Gesetze überstülpen wollen. Z.B. ganz bildlich: die Zentralperspektive, dieser Zentralismus, der wird plötzlich ad absurdum geführt. Interessant ist, daß der Manierismus sich eigentlich definiert über das, was er ablehnt, also zunächst mal negativ. Aber was am Manierismus positiv zu Ausdruck kommt, ist eben der Bllck auf die Vielseitigkeit eines Menschen oder auf die Komplexität der Welt, was bei der Zentralperspektive eben ausgeblendet ist, alles hat seinen Platz unter diesem Gitternetz. Beim Manierismus werden die Proportionen frei gewichtet, und da kommt viel stärker der freie Geist zum Ausdruck, die Phantasie.
SU:
Wo kommt denn in deinen Filmen die Phantasie zum tragen?
MB:
Vor allem, so hoffe ich doch, in den Köpfen der Zuschauer...
(Interview with Michael Brynntrup, by Steff Ulbrich, printed in: BERLIN - Images in Progress, Contemporary Berlin Filmmaking, Edited by Jürgen Brüning and Andreas Wildfang, Hallwalls / Buffalo, 1989)


TL:
Deine persönliche Geschichte wird ja sowieso gerne in Deinen Filmen thematisiert. Du thematisierst Dich selbst; Deine Person.
MB:
Klar. Ich versteh' ja mein Filmemachen sowieso eher als Teil der bildenden Kunst. Also im Gegensatz zum großen Kino, wo mit Illusionen gearbeitet wird, geht's mir in meinen Filmen um diese künstlerische Authentizität, und damit geht's natürlich immer um den Filmemacher selbst, um den Künstler hinter der Kamera.
(Interview von Tim Lienhard zum »LOVERFILM«, WDR3-Kulturscene, TV-Sendung vom 16.02.97)


TV - Interview | TV - interview
Tim Lienhard, Interview Auszug zum »LOVERFILM« am 07.02.97,
WDR 3 'KULTURSCENE', TV-Sendung vom 16.02.97

x Interview englisch | interview english

"The idea of a film is more important to me than it's technical perfection", says Michael Brynntrup (...) "Motion pictures are the best means of expressing myself. They are alive. Painting ist dead and I don't want to end up in a museum". Brynntrup often performs the leading role in his movies, which deal with subjects such as death, handicaps, narcissism and experimental film itself.
(Andy Warhol's INTERVIEW, New York, September 1987 - Eva Steidel)


SU:
You just mentioned mannerism briefly.
MB:
I consider mannerism to be the most interesting epoch of art ever. Especially interesting is the rejection of formalism, the rejection of theories which tried to cover nature and vision by law. For example, the imagery: The central perspective, the centrality is suddenly led into absurdity. It is an interesting fact that mannerism has defined itself by what it rejected, which means it was first of all negative. But there is a positive expression in mannerism: its view of the diversity of man and of the world's complexity. This is something the central perspective had excluded, everything had its place in a pre-set structure. Mannerism weighs proportions freely and a free spirit can express itself in fantasy.
SU:
Where does fantasy come into play in your movies?
MB:
Well, first of all, I hope, in the viewer's head...
(...)
(Interview with Michael Brynntrup, by Steff Ulbrich, printed in: BERLIN - Images in Progress, Contemporary Berlin Filmmaking, Edited by Jürgen Brüning and Andreas Wildfang, Hallwalls / Buffalo, 1989)


Interview | interview
Steff Ulbrich, "Death, Obsession + Cinema (part two)", interview with MB, March 1989, printed in: Independent Eye, N°11, Toronto, Spring 1990


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